Akelei

Aquilegia vulgaris aus der Familie der Hahnenfußgewächse

Da ist sie, die Schönheit, die meiner Praxis den Namen gab, und soll nun, im Monat ihrer Blüte, gebührend geehrt werden.

Die Akelei heißt auch Waldakelei, Adlerblume (Aquilegia von lat. Aquila = Adler), Tauberl, Fünf-Vögerl, engl. Columbine, dazu hat sie viele regionale Namen. Sie ist eine mehrjährige Staude, ihre Blütenstände werden 50 bis 80 cm hoch, und sie liebt einen sonnigen bis halbschattigen Platz auf Lehmboden, der auch Kalk enthält. Wild findet man sie in lichten Buchenwäldern, an Waldrändern und Hecken, aber sie ist selten geworden. Auf der Schwäbischen Alb ist sie noch zu Hause. Im Jahre 1985 war sie Blume des Jahres.

Im Garten ist sie leicht zu ziehen. Man sät sie im Frühjahr aus – sie ist ein Lichtkeimer, also decke ihre Samen nicht zu. Und wenn sie sich wohlfühlt, sorgt sie für ihre Vermehrung selbst. Verpflanzen kann man sie am besten im Herbst. Teilen lassen sich die Pflanzen nicht – aber das ist bei ihrer Vermehrungsfreudigkeit auch nicht nötig.

Die gemeine Waldakelei, wie sie bei uns hier heimisch ist, hat blaue Blüten. In den nördlichen Kalkalpen – Allgäu und Vorarlberg – findet sich Aquilegia atrata oder Schwarzviolette Akelei mit dunkelroten Blüten. Und dann entwickeln sich im Garten alle möglichen Blütenfarben aus Kreuzung: blassrosa bis dunkelrot mit allen Zwischentönen, hellblau bis dunkelblau und alles dazwischen. In Gärtnereien findet man auch andere Farben, z.B. weiße oder gelbrote, und gefüllte Blüten.

Allen ist gemeinsam, dass sie zur Zeit ihrer Blüte einfach bezaubernd sind; wie Feen sehen sie aus.

Nicht nur im Mittelalter galt die Akelei als Aphrodisiakum der Männer. Tabernaemontanus schrieb 1613: „So einem Mann seine Krafft genommen und durch Zauberey oder andere Hexenkunst zu den ehelichen Werken unvermöglich worden war, der trinck stätig von dieser Wurtzel und dem Samen: er genieset und kompt wieder zurecht.“ Gegen Unfruchtbarkeit solle man sie ins Bettstroh mischen.

In vorchristlicher Zeit war die Akelei ein Attribut der Göttin Freya, und sie wird bis heute den Planeten Merkur und Venus zugeordnet. Ihre fünfzählige Blüte stellt den Goldenen Schnitt oder das Pentagramm dar. (Abb.: Albrecht Dürer)

In der wissenschaftlich orientierten Phytotherapie wird die Akelei nicht mehr verwendet, sondern stattdessen vor ihrer Giftwirkung gewarnt. Sie enthält ein Glykosid, das unter Einwirkung bestimmter Enzyme zu Blausäure wird. Dies Glykosid ist hauptsächlich in den Samen, aber auch in anderen Pflanzenteilen enthalten. Aber es ist die Dosis, die das Gift  macht. Wie bei den bitteren Aprikosenkernen, so gilt auch hier, dass eine einzelne Blüte unbedenklich zu essen ist. Und es sind vor allem die Blüten, die traditionell verwendet werden bzw. wurden. Rezepte finden sich sowohl bei Hildegard von Bingen als auch bei Paracelsus. Hildegard schreibt: „Die Agleya (= Akelei) ist kalt. Ein Mensch, der Anfälle hat, esse rohe Akelei, und die Anfälle verschwinden.“ Danach folgen weitere Indikationen. Paracelsus hielt die Akelei für eine wichtige Heilpflanze. Sie verwandle die Urkraft der Sonne in Liebesfähigkeit. Akeleiwein oder –essenz sind in der Volksmedizin nach wie vor ein Mittel gegen Impotenz. Eine vorbeugende Wirkung gegen Krebs wird der Akelei ebenfalls nachgesagt – vielleicht aus dem gleichen Grund wie den bitteren Aprikosenkernen? Nicht zu unterschätzen ist auch die Wirkung auf die Seele beim Anschauen dieser filigranen Schönheit.