Gewöhnlicher Natternkopf

Echium vulgare L.
aus der Familie der Rauhblattgewächse (Boraginaceae)

Mir ist aufgefallen, dass der Natternkopf immer häufiger an Wegrändern und Straßenböschungen zu finden ist. Da er eine hervorragende Bienenweide ist und auch viele Schmetterlingen anzieht (über 40 Arten!), wird er wohl häufiger ausgesät – und das ist eine gute Sache. Neben Klatschmohn und Johanniskraut oder Echtem Labkraut ist er eine Augenweide.
Darum habe ich mir gedacht, dass es an der Zeit sei, ihn einmal vorzustellen, obwohl er keine große Heilpflanze ist.

Natternkopf ist eine zwei- oder mehrjährige krautige Pflanze. Als Speicherorgan bildet er manchmal eine Rübe aus, aber nicht alle Individuen tun das. Der Spross wird bis zu 100 cm hoch. Die immergrünen Blätter sind lanzettlich und bis zu 10 cm lang. Der Stängel ist steif und mehr oder weniger rund. Blätter und Stängel sind mit einer Art Borsten besetzt. Er wirkt ausgesprochen kraftvoll und wehrhaft.

Die Pflanze blüht von Ende Mai bis in den Oktober. Die Kronblätter sind 15 bis 22 mm lang, die Staubblätter noch länger, sodass sie über die Blüte hinausragen. Die Blüten sind fünfzählig und zunächst rosa oder violett, später verfärbt sie sich blau. Bestäubt werden sie – siehe oben! – von Bienen, Schwebfliegen und Faltern, die an der Blaufärbung erkennen, dass in der Blüte nichts mehr zu holen ist. Das heißt: Die Pflanze kommuniziert mit ihren Bestäubern. (Das gleiche Phänomen findet sich auch beim Lungenkraut.)
Der Nektar der Blüten enthält 25 % Zucker. Darum ist Natternkopf bei den Imkern sehr beliebt.

Die Pflanze enthält Allantoin und Pyrrolizidinalkaloide, weswegen sie schwach giftig ist. Die Pyrrolizidinalkaloide sind auch im Nektar und gelangen in den Honig, weswegen eine reine Natternkopftracht nicht zu empfehlen wäre – gibt es aber wohl auch nicht.

Wenn Du die Pflanze im Garten haben möchtest, säe sie im Frühling. Sie vermehrt sich durch Samen, die bei den Vögeln beliebt sind, für Kleinsäuger aber giftig. Verwendet werden die Blüten. Sie können dem Salat als Topping beigegeben werden. Sie wirken harn- und schweißtreibend. Gesammelt werden sie von Juni bis August. Früher hat man Natternkopf zum Schutz vor Schlangenbissen genutzt – daher der Name – und auch zur Heilung. Es ließe sich ein Tee bereiten gegen Husten und Lungenerkrankungen, aber dafür gibt es bessere Pflanzen.

Schau sie an, die Pflanze! Was sagt Dir ihr Erscheinungsbild? Nach einer homöopathischen Mittelbeschreibung ist sie etwas für Menschen, die sich nicht gesehen oder gehört fühlen – das kann dem Natternkopf nicht passieren! –, die sich bevormundet oder zurückgewiesen fühlen. Es könnte sein, dass sie hilft, aus der Opferrolle herauszutreten und sich selbst zu ermächtigen.

Natternkopf liebt mageren Kalkboden in voller Sonne. Er ist auf trockenen und halbtrockenen Ruderalplätzen anzutreffen, auf steinigen Fluren, auch auf sandigen Plätzen. Er überlebt problemlos auch auf schwermetallverseuchten Standorten. Wenn er auf zink- und bleibelasteten Flächen siedelt, erhöht das die genetische Vielfalt der Pflanze auf unbelasteten Flächen. Und das ist möglicherweise ein Hinweis auf ihre Botschaft. In den alten Kräuterbüchern wird Natternkopf kaum erwähnt, obwohl er in Europa einheimisch ist. Liegt das daran, dass seine Zeit jetzt erst kommt? Jetzt wo wir überall mit Schwermetallen im Boden, in Nahrungsmitteln, Kosmetika, im Trinkwasser usw. umgehen müssen? Verbreitet er sich darum jetzt so auffällig? Das wäre zu erforschen.

Er wird mit verschiedenen Trivialnamen genannt: Johanneskerze, Stolzer Heinrich, Blauer Heinrich, Himmelbrand, Starrer Hansl, Eisenhart, Weiberkrieg. Astrologisch werden ihm Mars (wegen seiner Wehrhaftigkeit), Saturn (wegen der steif-aufrechten Haltung?) und Uranus (wegen der Farbe? seiner Transformationskraft?) zugeordnet.