Silberdistel

Die Silberdistel, Carlina acaulis ssp. caulescens (Korbblütler), ist das Wahrzeichen der Schwäbischen Alb. Ihre Blütezeit ist zwar vorbei – sie blüht von Juli bis September – aber die trockenen inneren Blütenhüllblätter, die auf der Oberseite so schön silbrig leuchten und die wir darum auf den ersten Blick als „die Blüte“ ansehen, bleiben den ganzen Herbst und Winter über stehen. Die eigentlichen Blüten sind Hunderte von kleinen Röhrenblüten im Körbchen, die jetzt schon reif sind; sie bilden kleine Schirmchen aus, ähnlich wie Löwenzahn, die längst ausgefallen, vom Wind oder Tieren fortgetragen sind.

Die Silberdistel ist eine ausdauernde Staude. Es gibt zwei Unterarten. Carlina acaulis ssp. caulescens bevorzugt kalkreiche Böden in voller Sonnenlage und ist somit die Unterart, die wir auf der Alb oder in den nördlichen Kalkalpen finden. Carlina acaulis ssp. acaulis lebt lieber auf sauren Böden und ist in den Ostalpen oder in manchen Gebieten Bayerns zu sehen. Der Gattungsname ist wohl über die oberitalienische Dialektform cardelina vom lat. carduus für Distel abgeleitet und nicht vom Namen Karls des Großen. Eine Legende besagt, dass ein Engel den König Karl im Traum auf die Wurzel der Silberdistel als Mittel gegen die Pest hingewiesen habe. Die Wurzel wurde tatsächlich dann als Pestmittel verwendet. Acaulis bedeutet stängellos. Tatsächlich kommen aber beide Unterarten mit Blütenstängel oder ohne einen solchen nur mit grundständiger Rosette und sitzenden Blüten vor. Nur die Blätter unterscheiden sich bei genauem Hinsehen. Auf jeden Fall ist die Silberdistel streng geschützt. 1997 war sie Blume des Jahres.

Es gibt eine ganze Reihe von volkstümlichen oder Trivialnamen für die Silberdistel: Eberwurz, Eberdistel, Jägerbrot oder Wiesen-/Almkas (die Blütenböden kann man essen wie Artischockenböden), Frauendistel, Wasserwurz, Kraftwurz, Karlsdistel (s.o.!), Wetterdistel oder Barometerdistel, dazu jede Menge lokaler Namen wie z.B. Rhöndistel. Die Namen Wetter- oder Barometerdistel beziehen sich darauf, dass die silbrigen Hüllblätter sich aufwärts biegen, wenn die Luftfeuchtigkeit steigt, und das innere Körbchen zudecken. So ist der geöffnete oder geschlossene Zustand der Blüte ein Hinweis auf kommenden oder eben nicht zu erwartenden Regen. Als Wanderer in den Bergen kann man sich auf sie verlassen, wenn es darum geht, die Wetterentwicklung in den nächsten Stunden abzuschätzen.

Die Wurzel kann bis einen Meter tief in den Boden wachsen. Sie riecht aromatisch, da sie viel ätherisches Öl enthält. 80 bis 90 % davon sind das Öl Carlinaoxyd, das antibakterielle Wirkung hat. Außerdem enthält die Wurzel ca. 20 % Inulin, Gerbstoffe und Bitterstoffe. Man kann sie im Frühjahr oder Herbst ausgraben – wenn man es denn dürfte. Ihre Wirkungen sind: harntreibend, appetitanregend, schweißtreibend, abführend, (potenz-)stärkend, wundreinigend, antibakteriell. Astrologisch wird der Silberdistel die Sonne zugeordnet. Paracelsus sagte, die Pflanze übertrage astrale Kräfte auf den Menschen. Diese letztere Wirkung kann ich mir sehr gut vorstellen. Bei einem Aufenthalt in Vorarlberg im November schien es mir, als fielen Sterne in der Nacht herab auf die Erde und würden dann am Morgen als Silberdistelblüten sichtbar. Ich mag diese Pflanze sehr. Wer einen Bezug zu der Pflanze verspürt, kann sich die getrocknete Wurzel im Kräuterhandel besorgen und eine Tinktur oder einen Eberwurzwein daraus herstellen und zur Unterstützung der Verdauung oder als schweißtreibendes Mittel bei grippalen Infekten verwenden. Es gibt auch eine homöopathische Zubereitung, die aber gar nicht mehr gebräuchlich ist. Hildegard von Bingen empfahl das Pulver aus der getrockneten Wurzel beinahe als Universalmittel für Gesunde zur Erhaltung der Gesundheit und für Kranke zur schnellen Genesung. Sie beschreibt das Pulver als wärmend, also energiezuführend und schlug vor, es auf Brot zu essen oder in die Suppe zu streuen. Man kann das Pulver im Handel bekommen.