Europäische Stechpalme

Ilex aquifolium L.

Die Stechpalme, ein aufrechter, ein- oder mehrstämmiger Strauch oder Baum, wird 1 bis 15 m hoch, je nach Standortbedingungen, und kann bis zu 300 Jahre alt werden. Sie ist immergrün – wie der Efeu oder die Mistel, die anderen Wintergewächse – , sie fruchtet im Winter und ihre Blätter zeigen unterschiedliche Gestalt, je nachdem wie weit unten oder oben an der Pflanze sie wachsen. Unten sind sie beidseits mit bis zu sieben Dornen besetzt; je weiter oben sie wachsen, desto weniger Dornen haben sie (vielleicht weil Fraßschäden oben nicht zu befürchten sind?).

Die jungen Zweige sind grün und behaart und werden erst kahl mit dem Altern. Die Rinde des Stammes bleibt auch lange grün und bildet sich erst spät zur schwarzgrauen Borke um.

Die Stechpalme ist zweihäusig getrenntgeschlechtlich. Sie blüht Ende Mai oder im Juni. Die Blüten sind vierzählig oder auch fünfzählig und werden hauptsächlich durch Bienen bestäubt. Die Früchte reifen ab Oktober.

Obwohl die Pflanze so wehrhaft scheint, leidet sie doch häufig unter Wildverbiss. Die Samen werden von Vögeln verbreitet, vor allem Amseln, Drosseln, Rotkehlchen und Mönchsgrasmücke. Die Früchte enthalten Giftstoffe, die den Vögeln aber offenbar nichts ausmachen. Als Futterquelle für die Vögel spielt die Stechpalme eine bedeutende Rolle, wo sie vorkommt, da die Früchte den ganzen Winter über an der Pflanze bleiben können, ohne zu verderben.

Die Stechpalme liebt nährstoffreiche, kalkarme, lockere oder steinige Lehmböden. Zu viel Licht mag sie nicht und wächst deshalb bevorzugt im Unterholz von Mischwäldern. Da sie sich auch über Wurzelsprosse vermehrt, bildet sie oft größere Bestände, wo sie sich einmal niedergelassen hat. In unserer Gegen findet sie sich z.B. im Schwarzwald, im Allgäuer Voralpenland und in Vorarlberg. Sie steht in Deutschland unter Naturschutz.

Volkstümliche Namen für die Stechpalme sind Christdorn, Hülse(nstrauch), Walddistelstrauch, Schradellaub. Man findet diese Namen in Ortsnamen wie Hülsenbeck, Hüllhorst oder dem Geburtsort von Annette von Droste-Hülshoff. Auf Englisch heißt der Baum Holly; also ist Hollywood eigentlich ein Stechpalmenwald.

Holly – das klingt so ähnlich wie holy, heilig. Und so ist auch die Stechpalme in den angelsächsischen Ländern als Weihnachtsschmuck das Symbol für die Wiedergeburt des Christusbewusstseins in unseren Herzen.

Edward Bach, der die sog. Bach-Blütenessenzen entwickelt hat, sah in der Holly-Essenz (Bach-Blüte Nr. 15) das Prinzip der Liebe verkörpert. Und also hat die Essenz das Potential, uns wieder mit der allgegenwärtigen Liebe zu verbinden, wenn wir aus dieser Verbindung herausgefallen sind.

Während Edward Bach seine Essenz mit den Blüte herstellte, werden in der Volksheilkunde ansonsten die Blätter und die Rinde verwendet. Der Tee wirkt fiebersenkend. Er wird kalt angesetzt, erhitzt und dann abgeseiht. Man kann auch die Rinde in Rotwein ansetzen. Inhaltsstoffe sind Gerbstoffe, Bitterstoffe, Flavonoide, Ilexin, Theobromin, Coffein, Vanillin, Mineralien und Pektine.

Das Holz der Stechpalme wurde gern in der Kunsttischlerei verwendet. Goethes Spazierstock war aus Stechpalmenholz und nicht zuletzt Harry Potters Zauberstab. Der Namensteil „Palme“ rührt daher, dass Stechpalme mangels anderer immergrüner Zweige früher gern an Palmsonntag verwendet wurde.

Dies bezeugt Goethes Vers:

Im Vatikan bedient man sich
Palmsonntag echter Palmen.
Die Kardinäle beugen sich
und singen alte Psalmen.
Dieselben Psalmen singt man auch,
Ölzweiglein in den Händen,
Muß im Gebirg zu diesem Brauch
Stechpalmen gar verwenden.

Und schon vor der Eroberung Britanniens durch die Römer war es Sitte, die Wohnstube mit beerentragenden Stechpalmenzweigen und Efeuranken (männliches und weibliches Prinzip) zu schmücken als Symbol für die Fortdauer des Lebens über den Winter/Tod hinaus.