Winter-Geheimnisse

Der Winter ist eine geheimnisvolle Zeit.

Viele Pflanzen und Tiere haben sich unter die Erdoberfläche zurückgezogen. Was tun sie da? Was geschieht da? Das entzieht sich meinem Blick.

Viele Tiere verschlafen den Winter. Sie reduzieren ihren Stoffwechsel auf ein Maß, das ihren Körpern even noch erlaubt zu überleben. Sie senken ihre Körpertemperatur so weit ab, dass sie noch nicht Schaden nehmen. Und so können sie die Zeit überstehen, bis es wieder ein Angebot an Nahrung gibt: Sie verbrauchen so wenig Energie wie möglich und zehren von ihrem Körperfett. Das erklärt auch, warum es so wichtig ist, dass diese Tiere während des Winterschlafs nicht gestört werden: Wenn sie aufwachen, brauchen sie Nahrung. Sie finden nichts und verhungern.

Einige Tiere, wie z.B. Eichhörnchen, halten nur Winterruhe, d.h. sie schlafen nicht durch, sondern wachen immer wieder auf und fressen dann von ihren Vorräten und defäzieren auch. Sie senken ihre Körpertemperatur nicht ab. Dann gibt es noch die Kältestarre, die bei vielen Amphibien zu beobachten ist, z.B. bei Fröschen, Eidechsen und Blindschleichen. Sie haben ein Frostschutzmittel, meist Glucose, im Blut, das verhindert, das sie erfrieren.

Von all diesen Vorgängen in der Natur bekommen wir in der Regel nichts mit. Im Frühling sind sie alle wieder da, und wir fragen uns meist nicht, wo sie den Winter über waren.

Sind winterschlafende Säugetier-Weibchen trächtig, so tritt oft das Phänomen der Vortragezeit auf, z.B. bei Bären, aber auch bei Rehen, die ja keinen Winterschlaf halten. Die Entwicklung des Embryos ruht in der Zeit, in der Nahrung knapp oder gar nicht verfügbar ist. Rehe z.B. empfangen im Juli oder August. Die Ei-Einnistung findet statt. Aber die Keimentwicklung beginnt erst im Dezember oder Januar. Dann kommen die Kitze im Mai oder Juni zur Welt, wenn es Nahrung in Hülle und Fülle gibt. Die Vortragzeit dient also dazu, die Geburt auf die günstigste Zeit zu verschieben.

Ist das nicht alles wunderbar?! So viele Geheimnisse!

Und die Pflanzen? Auch im Pflanzenreich gibt es viele, die im Winter „verschwinden“. Ihre oberirdischen Teile sterben im Herbst ab. Die Pflanze ist nicht mehr zu sehen, z.B. der Bärlauch. Oder die trockenen, toten Stängel bleiben stehen über den Winter und dienen noch den Vögeln als Nahrungsquelle, solange sie Samen bereithalten. Die Pflanzen überwintern als Wurzelstock, Rhizom, Zwiebel oder Knolle und schlägt im Frühjahr wieder aus. Oder sie überdauern überhaupt nur in Gestalt ihrer Samen, die im Boden auf Wärme warten, der nächsten Generation.

Und von all diesen Phänomenen gibt es noch unzählige Varianten. Welche Weisheit zeigt sich hier!

Und wir Menschen? Wir halten unsere Körpertemperatur sommers wie winters auf gleichem Niveau, brauchen dazu im Winter aber die Unterstützung von geheizten Häusern und warmer Kleidung. Seien wir dankbar, wenn wir’s haben! Und auch wir sehnen uns im Winter nach mehr Ruhe und weniger Betriebsamkeit, ausgelöst durch vermindertes Tageslicht. Glücklich, wer dem nachgeben kann.